Knochenfinder by Melanie Lahmer

Knochenfinder by Melanie Lahmer

Autor:Melanie Lahmer [Lahmer, Melanie]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783838715315
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2012-02-06T23:00:00+00:00


Kapitel 31

Tiefe Schwärze zog über den Himmel, der Horizont verschwand im Nichts. Wasser. Überall war schwarzes Wasser. Eben noch schwamm er oben, konnte sehen, fühlen und atmen. Dann plötzlich wurde es dunkel. Die nasse Schwärze umfing ihn, packte ihn, zog ihn nach unten. Über ihm schwappte die Kälte zusammen und drückte ihn tiefer nach unten. Atmen ... Er musste atmen, aber es ging nicht. Sein Mund war verschlossen, und durch die Nase drang beißendes schwarzes Wasser in ihn hinein. Es brannte. Langsam, mit unfassbarer Macht, rollte eine Welle der Panik auf ihn zu, brüllte ihn an, riss ihn mit sich fort. Seine Arme ruderten, die Beine wollten strampeln, doch der Schmerz ließ sie verkrampfen ...

Plötzlich hörte er einen Schrei und spürte ein Kratzen in der Kehle. Er riss die Augen auf und sah – nichts. Denn grelles Licht blendete ihn, schmerzte in den Augen, stach bis hinter die Stirn. Das Traumbild war verschwunden. Instinktiv schloss er sofort wieder die Augen, aber die roten Lichtreflexe blieben und schimmerten durch die Lider. Er hatte das Gefühl, sie nie wieder öffnen zu können.

»Halt den Mund, verdammt noch mal!«

Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber im ersten Moment konnte er sie nicht zuordnen. Dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Faustschlag und presste einen weiteren Schrei aus ihm heraus. Sofort drückte sich eine schwere Hand auf seinen Mund und verschloss ihn, sodass er nur noch gedämpft knurren konnte. Er warf den Kopf hin und her, weil er auf keinen Fall wieder geknebelt werden wollte. Blitzlichter leuchteten vor seinem inneren Auge auf: Er sah wieder die Spritze und das Messer. Und Blut. Sein Blut.

Die Hand hielt seinen Kopf starr geradeaus; kräftige Oberschenkel klemmten ihn ein wie ein Schraubstock.

»Jetzt hör mir mal zu, Bürschchen. Kannst du mich hören? Verstehst du, was ich sage?« Die Stimme wurde mit jedem Satz schriller.

Er wollte nicken, aber es ging nicht. Also wimmerte er. Die Stimme kam näher, damit auch der Atem. Er roch nach Zwiebeln und Bier.

»Du wirst, verdammt noch mal, etwas essen! Ich lasse es nicht zu, dass du krepierst. Du sollst am Leben bleiben, hörst du? Wenn du die Nahrung verweigerst, nehme ich mir auch die restlichen Finger vor. Ist das klar?«

In Panik riss er die Augen auf und blickte wieder direkt in die Taschenlampe. Sein Kopf schmerzte so entsetzlich, dass er leise wimmerte. Unwillkürlich zuckten seine Beine; es verstärkte nur den Schmerz in den gefesselten Gliedern. Er unterdrückte den aufkommenden Schrei.

»Ich habe noch eine bessere Idee: Falls du nicht spurst, ist dein nutzloser Schwanz an der Reihe.« Ein fester Griff zwischen die Beine. »Iss, oder ich schneide dir deinen Schwanz ab, sodass du nicht einmal mehr pinkeln kannst.« Der Mann ließ ihn plötzlich los, nahm auch die starke, schwere Hand von seinem Mund.

Er japste nach Luft, keuchte verzweifelt. Sofort wurde ihm etwas in den Mund geschoben. Reflexartig wollte er es ausspucken, doch im letzten Moment unterdrückte er den Würgeimpuls.

Ganz langsam und vorsichtig kaute er. Es fühlte sich an wie Fleisch. Er spürte, wie seine Zähne das Gewebe zerdrückten, und schmeckte einen leichten Hauch von Gebratenem.



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